Wenn einer eine Reise tut . . .

,  

 …dann kann er was erzählen.

Ja, der Spruch trifft´s doch recht gut aber fangen wir von vorn an.

 

Schweden adé

 

Aus einem nur kurzzeitigen Aufenthalt, damit die Familie mal Schweden gesehen hat, wurde doch ein etwas längerer Aufenthalt in verschiedenen (Ferien-)Häusern, doch spätestens Anfang des Jahres war klar, wir können/wollen hier nicht bleiben, Ende April mussten wir eh wieder aus dem Haus raus, also begannen die Beratungen, wie weiter, was nun.

Eigentlich wollten wir in kleinen Etappen uns vorarbeiten, damit wir nicht eine lange Strecke auf einmal fahren müssten…, so der Plan aber dann kam alles ganz anders:

Irland hebt alle Reisebeschränkungen auf! und wir hatten es ja schon vor 2 Jahren auf dem Schirm gehabt..

Also ging die Suche nach einer Unterkunft los, immer wieder auf´s Neue ein Abenteuer.

10 Tage bevor wir aus dem schwedischen Haus raus mussten (9-Sitzer, Hänger und Fähre waren schon gebucht), hatten wir dann endlich eine Zusage und so wurde die Reise-Planung langsam konkreter, welche umgesetzt dann wie folgt aussah…

 

Auf große Reise

1. Etappe

Mein Mann reist am Freitag mit den ersten 4 Familienmitgliedern nach Deutschland zu Oma und Opa, um den Miet-Bus und Miet-Anhänger zu holen. Währenddessen packen wir Zurückgebliebenen die allerletzten Dinge zusammen. Am Samstag stellen wir schon alles raus, um im Haus einen besseren Überblick zu bekommen und das spätere Hängereinräumen vorzubereiten. Am späten Nachmittag /frühen Abend kommt dann ein doch recht groß dimensioniertes Gespann an und die erste Entdeckung, welche mir machten, war, dass die Stützlatten hinten fehlten… (es war ein Planenhänger).

Wie sollen wir denn da die schräge Auffahrt zu den Fähren heil rauf kommen?!

Doch wie es bei uns so ist, wird nicht lang gejammert und gezetert, sondern effektiv nach Lösungen gesucht und dieses Mal auch schnell gefunden:

Im Schuppen gab es noch in der Dicke passende Bretter, welche wir einfach (per Hand) passend auf die Länge zusägen mussten. So weit alles wunderbar,  jedoch verzögerte das und noch andere organisatorische Dinge das Einladen, so dass wir erst kurz vor Mitternacht den Hänger fertig verschnürt hatten und uns daran machen wollten, das Auto zu beladen.

 

Der Schock

Ich komme gerade ins Haus, um die Tasche mit den Wechselsachen zu holen, da fragt mein Mann mich so ganz nebenbei:

„Deinen Reisepass hast Du ja bei Dir, ne?!“

 

Sch…, nein!

Wo ist der?

Wo habe ich den hin getan?

Hab ich den mit in eine der vielen Kisten getan?

 

Tief durchatmen!

Ruhig bleiben!

Er kann ja nicht weg sein!

JA ABER WO SOLL ER SEIN?????

 

„Jungs, es hilft nichts, er ist nicht in der Geldbörse, er ist nicht in der Wechselsachentasche, wir müssen im Hänger gucken! Es tut mir so leid!“

 

Was soll ich sagen, wir haben solch wunderbare Söhne! 

Keiner hat gemotzt oder ne dumme Bemerkung gemacht, was ich durchaus verstanden hätte, ich glaube fast, ich hätte mich aufgeregt und das wohl nicht zu wenig, wenn ich sie gewesen wäre!

Nein, als sei es der größte Spaß, klettert unser 3.-Ältester in den Hänger von hinten nach vorn durch, weil ich eine Vermutung hatte,  der Pass könnte in einer Plastik-Kiste sein.

Er wühlt sich tatsächlich durch alle durchsichtigen Kisten von oben nach unten durch,

 

NICHTS!!!!!

Dann ist er vielleicht in den Holzkisten?

Also gut,

wir machen den Hänger seitlich auf und gucken durch alle Holzkisten, die wir seitlich raus holen.

Ja, in einer der letzten Kisten, da ist tatsächlich der Organizer, welcher immer auf meinem Arbeitsplatz stand und in welchem der Reisepass für gewöhlich war

 

ABER

kein Reisepass!

 

Ich hatte es irgendwie die ganze Zeit im Gefühl, dass wir ihn da nicht finden werden aber auch keinen blassen Schimmer, wo wir sonst suchen könnten

 

OK, es hilft nichts, der Hänger muss hinten aufgemacht werden und wir müssen uns systematisch durcharbeiten…

Also Hänger hinten auf, alle Spanngurte lockern und erst mal die Fahrräder wieder raus.

Inzwischen ist es stockduster und wir arbeiten mit Taschenlampen.

Ein Karton nach dem anderen von dem Stapel nehmen, jeden aufmachen, in der Hoffnung, etwas rotes blitzen zu sehen, nicht wenige habe ich sogar komplett aus- und wieder eingepackt. (es ist doch erstaunlich wie schnell man Umzugsgut aus-und wieder einpacken kann…)

 

NICHTS! einfach rein überhaupt gar NICHTS!

 

Die ganze Zeit kreist es in meinem Kopf,

wo könnte dieser sch…

… öne Pass nur sein???

Ich sag noch:“Zur Not hab ich ja die eingescannte Kopie, vielleicht lassen sie mich damit auf die Fähre!“

100 verschiedenste Szenarien rasen durch mein Gehirn.

Inzwischen haben wir uns durch (fast) alle Kisten und Kartons durchgewühlt und sind bei der letzten Kistenreihe angekommen, bei welcher ich mit Bestimmtheit sagen kann, dort ist der Pass nicht drin, da fragt der 3.-Älteste so nebenbei:

„Wo hast Du den Pass denn hingetan, nachdem Du ihn eingescannt hast?“

DIE Erleuchtung!

Nirgendwo!

Der ist noch im Drucker!

Den Drucker-Karton hatte ich natürlich nicht geöffnet, da ist ja nur der Drucker drin…, nun ja aber was war denn in dem Drucker?

Ja, der Pass!

Was soll ich dazu noch sagen, außer, dass der Druckerkarton so fast direkt hinter der Plane im Hänger stand, wäre mir die Erleuchtung eher gekommen….

 

So mussten die armen Söhne den Hänger zum 2. Mal packen und verzurren und wir waren erst gegen 4 Uhr morgens fertig, 5 Uhr wollten wir los fahren, um rechtzeitig bei der Fähre zu sein….

 

2. Etappe

Danke Schweden 

Danke für die wunderbare Zeit, die farbexplosiven Sonnenauf- und untergänge,

Danke für so viele inspirierende Begegnungen mit herzerwärmenden und lieb gewonnen Menschen

Danke für die urige Natur, den tiefblauen, klaren Himmel (,welchen ich schon jetzt vermisse…), die Seen, die Schwärme von Mücken :-), die vielen Heidelbeeren und Pilze, die wir sammeln und essen durften

Danke für unbedeckte, lächelnde Menschengesichter, für Abgeschiedenheit und all das, was wir neu lernen durften!

 

Trotz dessen, dass ein kleiner Teil der Familie die Nacht kein Auge zugemacht hatte, nahmen wir auf der Fahrt zur Fähre nochmals Abschied von Schweden, auch hier wurde es, je südlicher wir kamen, schon grüner, ein kleiner Vorgeschmack darauf, was uns dann auf dem Festland erwarten würde.

Beim Einchecken fragten wir spaßenshalber mal nach, was passiert wäre, ohne Pass…

die klare Antwort:

kein Einchecken möglich!

Dafür bekamen wir noch ein kleines Abschiedsgeschenk:

Auf unsere Frage, ob es irgendwie möglich sei, es zu umgehen, dass wir mit unserem stolzen Gefährt die doch recht steile Auffahrt hoch müssten, griff die schwedische Mitarbeiterin sofort zum Telefon und regelte alles, so dass wir ebenerdig in die Fähre fahren konnten und als kleinen Nebeneffekt schon die 3. waren, welche die Fähre dann wieder verlassen konnten.

 

Für mich persönlich (und ich bin wirklich kein Mensch, der in der Vergangenheit verweilt, sondern immer wieder darauf hinweist, dass das Leben JETZT ist) war es doch ein sehr bewegender Moment, die schwedische Küste am Horizont immer kleiner werden zu sehen.

Ein weiterer Lebensabschnitt beendet, ein neues Abenteuer beginnt

Bei meinen Eltern wurden wir am Abend herzlich und  mit einem tollen Essen begrüßt.

Auch wenn die Zeit kurz war, so war es doch schön!

Danke, Mama, Danke, Papa, Danke liebes Schwesterlein, dass Du extra vorbei gekommen bist!

Eine Nacht Pause, eine Nacht schlafen und nach dem Frühstück und dem Abschied von dem Teil der Familie, der aufgrund des beschränkten Platzes im Bus noch dort blieb, ging es schon wieder weiter.

3. Etappe

Auf nach Belgien, unsere Heimat von 2010-2018, dort hatten uns liebe Freunde angeboten, dass wir die Nacht bei ihnen verbringen könnten.

Mir war es doch wichtig, dass die Kleinen nicht die lange Strecke von Mecklenburg bis nach Cherbourg in einem durchfahren müssten und eigentlich hätten wir auch gern einmal gesehen, was aus „unserem“ Haus geworden ist, doch daraus wurde leider nichts.

Anfänglich kamen wir gut voran, doch nach ein paar Stunden Fahrt kam ein Anruf von Stenaline:

Die Fähre (welche mein Mann und unsere Älteste zurück zu hätten nehmen sollen) läge an Trockendeck, wir müssten bis zum 10. Mai warten oder bekämen das Geld zurück erstattet…

Jetzt hieß es klaren Kopf bewahren, das Auto musste pünktlich wieder abgegeben werden (ganz zu schweigen davon, was es gekostet hätte, es noch so lange zu behalten…). Während wir weiter fuhren, setzten die großen bei Oma und Opa zurück gebliebenen Söhne alle Hebel in Bewegung, etwas zu organisieren und hatten schon bald Ersatz gebucht, zwar etwas umständlich über UK aber dafür so, dass sowohl Hänger als auch Auto rechtzeitig zurückkämen. 

Aus ungefähr geplanten 9 Stunden Fahrt wurden dann doch fast 11, obwohl sich die Pausen auf Tanken und schnell auf Toilette rennen beschränkten, Stau sei Dank.

Unsere Freunde erwarteten uns mit köstlicher Suppe und leckeren Waffeln, trotz dessen, dass es doch schon so spät war, hatten wir eine wunderbare gemeinsame Zeit, Danke dafür, Ihr Lieben!!!!

Nach ein paar Stunden Schlaf hieß es schon wieder, Isomatten in den Hänger, die schlafenden Menschlein möglichst schlafend in die Sitze bekommen und Abschied nehmen…

 

 4.Etappe

 

Das mit dem schlafend in die Sitze bugsieren hatte nicht so ganz funktioniert und so konnten alle nochmal einen Blick auf unser altes Zuhause werfen, auch wenn dank Dunkelheit nicht allzu viel zu sehen war…

Die meisten schliefen auch schnell wieder ein ein, um davon geweckt zu werden, dass es einen Ad-blue- Alarm gab, nach dem Motto noch 2 1/2 Minuten, dann schaltet sich der Motor ab und lässt sich nicht mehr starten…

Naja, wenn´s weiter nichts ist…

Zum Glück war eine Tankstelle in der Nähe und wir konnten den Tank füllen…

Frankreich begrüßte uns üppig grün und da wir die Zeit sehr reichlich kalkuliert hatten und gut voran kamen, konnten wir sogar eine etwas größere Pause an einem Rastplatz mit Spielplatz einlegen, bevor es bergauf und bergab von Mautstation zu Mautstation weiter ging und wir am frühen Nachmittag Cherbourg erreichten.

 

Das Einchecken schien nicht ganz so gut organsiert zu sein, wie an den schwedischen Häfen, doch alle Mitarbeiter waren sehr freundlich, auch wenn sie mit 9 Reisepässen doch recht überfordert schienen. Auch hier wurde auf unsere Bedenken eingegangen und wir durften ebenerdig auf die Fähre fahren. Nachdem wir Stunden in der Schlange vor der Fähre gestanden hatten, musste dann auf der Fähre plötzlich alles ganz schnell gehen, so dass uns nicht mal die Zeit blieb, all unsere Vorräte für die lange Fährfahrt mitzunehmen…, nun ja aber wir sind ja gut im Improvisieren…

5.Etappe

Im Empfangsbereich wurden wir freundlich mit Maskierungen begrüßt, da wir uns dämlich genug anstellten und alles aufhielten, durften wir dann so passieren und angekommen in der Kabine hatte die Fähre doch tatsächlich schon abgelegt.

Da wir nur eine 4-er-Kabine hatten, dauerte es eine Weile bis wir uns sortiert hatten und jeder einen Platz gefunden hatte, dann gab es erst mal ein wunderbares Picknick, was die liebe Oma uns eingepackt hatte. Gesättigt verteilten wir die Betten bzw. bauten uns welche am Boden und schliefen auch alle schon bald ein.

Die Fährüberfahrt dauerte die ganze Nacht und der Seegang war doch recht ordentlich. Da wir zeitig eingeschlafen waren, wachten wir auch zeitig auf und konnten die Sonne über dem Meer aufgehen und alsbald auch schon die Küste Irlands sehen.

Kaum zu glauben, die so fern scheinende Insel, sie kam näher und näher…

Das Einsteigen verlief genauso hektisch, wie das Aussteigen, denn alle wurden erst Minuten vor der Ankunft auf die Autodecks gelassen, auch das Fahren von der Fähre war etwas beängstigend, weil wir trotz langsamen Fahrens über den Absatz mit dem Unterboden aufsetzten, was sehr gewaltig klang und uns einen Schreck versetzte.

Dann kam auch schon der irische Zoll, trotz des frühen Morgens lauter freundlich lächelnde Menschen.

Was für eine Begrüßung!

Ein kurzer Blick in den Hänger mit der Frage, ob wir in ein Haus ziehen, flüchtige Blicke in die Pässe und wir waren da!

Die Fahrt zu unserem Ferienhaus brachte noch das eine und andere Abenteuer mit sich, wie zum Beispiel das sich daran gewöhnen, dass man links fahren muss (und das mit unserem langen Gefährt…), dann ein Stau, welcher von Polizisten derartig aufgelöst wurde, indem sie die ankommenden Autos von der Autobahn winkten und wir so in ein idyllisches kleines Städtchen kamen mit superengen Straßen und einem Stau am Hang…., mein armer Mann hat ordentlich geschwitzt.

Aber zu guter letzt landeten wir heil in unserem neuen vorübergehendem Heim.

 

 

Nach einer Woche Irland-Aufenthalt konstatierten wir, dass es fast ein Wunder gewesen sei, dass wir den Hänger trocken ausladen konnten, denn seitdem regnet(e) es jeden Tag 🙂

Nach 1 1/2  Wochen kam ein weiterer Teil der Familie an und brachten das Zelt mit, so dass wir wieder draußen schlafen können und drinnen etwas mehr Platz ist.

Dann noch eine Woche Warten und auch die letzten beiden Familien-Mitglieder erreichten Irland. Nun sind wir alle wieder vereint und erfreuen uns immer wieder an der saftig grünen Landschaft, den sauber und gesund aussehenden Kühen, welche ganz gutmütig zun uns an den Stacheldraht-Zaun kommen und sich streicheln lassen.

Das Abenteuer Irland hat begonnen, wir sind gespannt, wie es weiter geht…..

Über: Mirjam

leidenschaftliche (Trage-) Mama von 4 Söhnen, 1 still geborenem Sohn und 7 Töchtern (und weiteren 7 Himmelsbabys), ein bisschen verrückt, immer auf der Suche nach alternativen Wegen und dadurch ständig aneckend, gern barfuß, strickend, nähend, improvisierend und am liebsten draußen unterwegs